Viele, die in den 60er- oder 70er-Jahren groß geworden sind, erinnern sich an eine Kindheit, die mit klaren Regeln, festen Strukturen und einem deutlich anderen Tonfall verbunden war als heute.
Es gab keinen Platz für große Diskussionen, keine Erklärungen auf Augenhöhe – dafür aber Rituale, Konsequenzen und eine gewisse Konsequenz, die den Alltag geprägt hat.
Ob das gut oder schlecht war, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Fakt ist jedoch: Kinder früherer Generationen wuchsen in einem anderen Umfeld auf – geprägt von Pflichten, Verantwortung und Respekt vor Autoritäten.
Und obwohl heute viel von Freiheit, Individualität und Selbstentfaltung die Rede ist, fragen sich viele Eltern insgeheim, ob nicht doch ein Teil der alten Werte hilfreich wäre.
Der folgende Überblick zeigt, welche Familienregeln in vielen Haushalten der 60er-Jahre ganz selbstverständlich waren – und warum sie tatsächlich zu einem anderen Verhalten bei Kindern führten.
Nicht aus Angst oder Strenge, sondern weil Struktur und Konsequenz auch Sicherheit bedeuten können.
1. „Was die Eltern sagen, gilt – ohne Diskussion“

In vielen Familien war klar: Eltern sind die Autorität. Ihre Entscheidung stand, auch wenn sie nicht erklärt oder begründet wurde.
Diskussionen gab es kaum – und wenn, dann endeten sie schnell mit einem knappen „Weil ich es sage“.
Diese Haltung mag aus heutiger Sicht als autoritär oder sogar kalt wirken, doch sie vermittelte Kindern auch eines: Klarheit.
Wenn Regeln nicht verhandelbar sind, entsteht ein Rahmen, der Halt gibt. Kinder wussten, was erlaubt war – und was nicht.
Natürlich hatte das auch Schattenseiten, vor allem wenn Grenzen zu starr oder lieblos gezogen wurden.
Doch im Alltag sorgte diese klare Rollenverteilung oft für weniger Chaos, weniger Machtkämpfe und deutlich mehr Orientierung.
2. Respekt vor Erwachsenen war selbstverständlich

Kinder, die damals mit Erwachsenen sprachen, taten das mit Respekt – egal ob es sich um Eltern, Lehrer oder Nachbarn handelte.
Es wurde nicht dazwischen geredet, nicht widersprochen, nicht argumentiert, als wäre man gleichgestellt.
Dieses Verhalten war nicht nur eine Frage der Erziehung, sondern Ausdruck einer Haltung: Erwachsene waren Vorbilder. Ihr Wort hatte Gewicht, ihre Meinung zählte.
Heute begegnet man Kindern, die Erwachsene unterbrechen, korrigieren oder herausfordern, als wären sie Gleichaltrige.
Das kann Ausdruck von Selbstbewusstsein sein – aber es zeigt auch, wie sehr sich die Rollenbilder verschoben haben.
Und wie schwierig es manchmal ist, Grenzen zu setzen, wenn Respekt als veraltet gilt.
3. Regeln galten immer – nicht nur, wenn jemand zuschaute

In den 60er-Jahren bedeuteten Regeln, dass sie immer galten. Auch wenn niemand kontrollierte.
Es war völlig klar, dass Pflichten eingehalten werden mussten, ob jemand daneben stand oder nicht.
Hausaufgaben wurden gemacht, weil es sich so gehörte.
Am Tisch wurde ordentlich gegessen, auch wenn Besuch da war oder nicht. Man meldete sich ab, wenn man das Haus verließ.
Und man half mit, ohne dass jedes Mal ein Lob oder eine Belohnung folgte.
Heute erleben viele Eltern, dass sie ständig erinnern, kontrollieren und motivieren müssen – weil Kinder gelernt haben, dass Regeln flexibel sind.
Doch gerade diese Konsequenz in der alltäglichen Umsetzung war es, die früher so viele Kinder in einen verlässlichen Rhythmus gebracht hat.
4. Freizeit war etwas Besonderes – nicht Dauerzustand

Ein weiteres großes Thema: Freizeit hatte damals einen anderen Stellenwert.
Nach der Schule wurde mitgeholfen, Aufgaben übernommen, Verantwortung getragen – und erst danach war Spielen dran.
Auch Fernsehen, Ausgehen oder Langeweile wurden anders bewertet. Ein „Mir ist langweilig“ war kein Freifahrtschein für sofortige Unterhaltung.
Vielmehr wurde Langeweile als normal empfunden – und als Chance, kreativ zu werden.
Heute steht bei vielen Familien das Bedürfnis nach ständiger Unterhaltung im Vordergrund.
Tablets, Fernsehen, Hobbys und ständiger Input sind für viele Kinder selbstverständlich. Das Problem dabei: Ohne Grenzen verliert Freizeit ihren Wert.
Und Kinder verlernen, mit eigenen Gedanken oder einfachen Mitteln etwas anzufangen.
5. Kinder wurden in die Verantwortung genommen – früh und selbstverständlich

Früher halfen Kinder im Haushalt mit, passten auf jüngere Geschwister auf oder trugen kleinere Aufgaben bei Verwandten oder Nachbarn.
Nicht, weil es außergewöhnlich war – sondern weil es normal war.
Mit zunehmendem Alter stieg die Verantwortung. Das gab das Gefühl, gebraucht zu werden.
Kinder entwickelten dadurch Selbstständigkeit und ein Verständnis dafür, dass das eigene Verhalten Auswirkungen hat.
Heute zögern viele Eltern, ihren Kindern Verantwortung zu übertragen – aus Angst, sie zu überfordern oder ihnen etwas „wegzunehmen“.
Doch gerade im Zutrauen wächst oft das Selbstvertrauen. Wer von Anfang an erlebt, dass er mithelfen kann, entwickelt ein anderes Bild von sich selbst.
6. Dankbarkeit war nicht verhandelbar – sie war selbstverständlich

Ein Satz, den viele noch im Ohr haben: „Sag danke!“ – und zwar nicht nur bei Geschenken, sondern auch im Alltag.
Für das gekochte Essen, für eine Mitfahrgelegenheit, für die gekaufte Jacke.
Dankbarkeit wurde nicht als Gefühl behandelt, das von selbst entsteht, sondern als Haltung, die bewusst kultiviert wird.
Es ging darum, nicht alles als selbstverständlich zu sehen – und auch kleinen Gesten Wertschätzung entgegenzubringen.
Heute beobachten viele Erwachsene, dass Kinder oft wenig von dieser Haltung zeigen.
Ob das an der Erziehung liegt oder an der schnellen Verfügbarkeit von allem – darüber kann man diskutieren.
Fest steht: Eine gesunde Portion Dankbarkeit schafft nicht nur ein besseres Miteinander, sondern auch Demut und Respekt.
Fazit: Strenge allein erzieht nicht – aber klare Strukturen geben Orientierung
Die Familienregeln der 60er-Jahre waren streng – manchmal vielleicht zu streng. Doch sie hatten einen gemeinsamen Kern: Verlässlichkeit.
Kinder wussten, woran sie waren. Es gab weniger Diskussionen, dafür mehr Struktur.
Und auch wenn das nicht immer warmherzig wirkte, sorgte es doch für Stabilität.
Heute haben sich Werte verschoben. Kinder dürfen mehr mitreden, sollen sich entfalten, eigene Meinungen entwickeln – was eine wichtige Entwicklung ist.
Aber genau deshalb lohnt es sich, einige der alten Prinzipien nicht völlig zu vergessen.
Nicht, um Kontrolle auszuüben – sondern um Orientierung zu bieten. Kinder brauchen Freiheit.
Aber sie brauchen auch Grenzen, Verlässlichkeit und das Wissen, dass nicht alles verhandelbar ist.
Und genau darin liegt die Balance: nicht zurück in die 60er, aber auch nicht in völliger Beliebigkeit.
Sondern ein Erziehungsstil, der Herz und Haltung verbindet.

